EUDAMED nimmt Fahrt auf, und das sollten jetzt auch die Unternehmen tun, waren sich Lionel Tussau und Jay Crowley einig. Damit aber aus der Frist kein Frust resultiert, gaben die beiden Experten und ihre Teams beim Symposium der MedicalMountains GmbH einige Tipps, wie die Datenbank-Anforderungen angegangen werden können. Vor allem Legacy Devices sorgten für eine lebhafte Diskussion. Nach aktuellem Stand sollen ab Januar 2026 die EUDAMED-Module Akteurs-Registrierung, Produkt-Registrierung, Bescheinigungen/Zertifikate und Marktüberwachung verpflichtend zu nutzen sein, gefolgt von Vigilanz ab Juli 2026. „Die Zeit drängt", betonte MedicalMountains-Geschäftsführerin Julia Steckeler in ihrer Begrüßung – und Lionel Tussau (BAYARD GmbH) konnte dies nur unterstreichen: Die Empfehlung laute, die Produktregistrierung bis Juli 2025 vorzunehmen, sich also so bald wie möglich auf den Weg zu machen. Hürden könnten den Prozess verlangsamen, sei es extern etwa bei der Verfügbarkeit des EUDAMED Helpdesks oder intern bei Budget und Personal. Daher war Lionel Tussau ein Rat besonders wichtig: ab in den „Playground“ von EUDAMED, den „Spielplatz, und dort mit eigenen Daten üben, üben, üben.
Der erste Schritt ist indes, sich über UDI im Klaren zu sein. Lag der Fokus der Ur-UDI vornehmlich auf Sicherheitsaspekten nach dem Inverkehrbringen, haben sich mit der Zeit und Internationalisierung eine ganze Reihe weiterer Aspekte hinzugesellt. Als „quasi-regulatorische“ Anwendungsfälle nannte Jay Crowley (USDM Life Sciences) etwa Importkontrolle und Vergütung. Was einerseits den UDI-Grundgedanken etwas verwässert hat, andererseits Türen öffnet, den Identifier auf dem globalen Markt zu nutzen – unter anderem in Australien, Saudi-Arabien, Brasilien, Südkorea oder China. Gleichwohl sind länderspezifische Besonderheiten zu beachten. So steht etwa in der EU der „Hersteller“ in der Verantwortung, in den USA der „Labeler“. Unter den Gesichtspunkten der MDR ist die Basis-UDI-DI die primäre Kennung eines Produktmodells. Einmal vergeben, gilt die UDI-DI über den gesamten Lebenszyklus hinweg – es sei denn, Änderungen könnten eine Fehlidentifizierung und beziehungsweise oder Unklarheiten bei der Rückverfolgbarkeit des Produkts zur Folge haben. Das wäre beispielsweise bei einem neuen Namen oder Handelsnamen der Fall. Aber: Auch wenn keine neue UDI-DI erforderlich ist, muss der EUDAMED-Eintrag innerhalb von 30 Tagen aktualisiert werden. Zudem muss überlegt werden, wie die Daten aus dem Unternehmen am besten an EUDAMED übermittelt werden. Die Referenten beleuchteten das Für und Wider der Möglichkeiten. Manueller Eintrag auf der Webseite: Praktikabel für eine geringe Zahl an Produkten, aber anfällig für Copy/Paste-Fehler und daher mit dem Risiko verbunden, dass die „Single Source of Truth“ nicht mehr beim Hersteller, sondern in EUDAMED liegt. XML-Upload: Mag bei mehr Produkten dem händischen Vorgehen überlegen sein, aber die korrekte Umwandlung in die „Extensible Markup Language“ setzt eine gewisse IT-Reife voraus. Direkte EUDAMED-Schnittstelle: das kostspieligste und offenbar exotischste Vorgehen. Hier ist ein hohes IT-Knowhow beziehungsweise externer Support vonnöten. Über alle drei Wege hinweg machten die Experten einen Nachteil aus: Es gilt die „Watch & Find Policy“. Sämtliche Änderungen bei EUDAMED müssen in Eigenregie überwacht, bewertet und implementiert werden. Die Faktoren spiegelten sich in den „Lessons Learned“ wider. Mit Thomas Mertens (BAYARD GmbH) erläuterte Sigmar Didicher das Vorgehen der Pajunk GmbH Medizintechnik. Das Unternehmen hat sich seit längerem intensiv mit der Umstellung auseinandergesetzt und sich letztlich für einen Serviceprovider entschieden. Die zwischengeschaltete Instanz prüft in der Regel zum einen die Daten vor dem finalen Upload, zum anderen eventuellen Anpassungsbedarf durch neue EUDAMED-Vorgaben. Letzteres ist durchaus herausfordernd: „Wir hoffen, dass die Änderungen bald ein Ende haben“, seufzte Thomas Mertens. Was die UDI-Registrierung angeht, gaben die Referenten Differenzierungen an die Hand. Medizinprodukte, die nach Januar 2026 auf den Markt gebracht werden, müssen vor dem tatsächlichen Inverkehrbringen in EUDAMED eingetragen werden. Für Medizinprodukte, die vor Januar 2026 auf dem Markt waren, gilt Juli 2026 als Deadline. Die meisten Fragen warfen aber Legacy Devices auf, die noch unter MDD laufen. Für den Fall, dass sie nach Januar 2026 nicht mehr auf dem Markt sind, ist eine Registrierung nur im Falle von Vigilanz-Aktivitäten angezeigt. Für Medizinprodukte, die nach Art. 120 in die MDR überführt werden, ist eine Registrierung als solche erforderlich – so zumindest nach aktueller Einschätzung. Die Meinungsfindung auf europäischer Ebene schwankt noch zwischen „ja“, „nein“ und „vielleicht“; endgültige Klarheit soll demnächst ein Dokument der EU-Kommission schaffen. „Die Hersteller müssen sich jedoch auf den Worst Case vorbereiten, alle Legacy Devices in EUDAMED zu registrieren“, sagte Lionel Tussau, „bleiben Sie also dran.“ Der Teufel steckt indes im Detail. EUDAMED-Einträge unter MDD können später nicht eins zu eins auf MDR geschaltet werden. Weitere Informationen und damit eine komplette Neueintragung sind erforderlich. Und: Während es bei niedrigen Risikoklassen keine Zuarbeit braucht, müssen bei höheren die Angaben durch Benannte Stellen geprüft und ergänzt werden. Als sich im Plenum bereits die Sorge vor neuerlichen Kapazitätsengpässen breit machte, gab Lionel Tussau Entwarnung: „Hersteller haben ihre Pflicht erfüllt, sobald sie ihre Daten an EUDAMED übertragen haben.“
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